Das Problem der Anerkennung, Teil I: Hegel, Marx, Sartre
Ziel der auf zwei Semester aufgeteilten Lehrveranstaltung ist es, in einem ersten Schritt die historische Entwicklung der Anerkennungsproblematik im Detail nachzuvollziehen und diese dann in einem zweiten Schritt mit zeitgenössischen Anerkennungstheorien in Verbindung zu bringen. „Anerkennung ist zu einem Schlüsselbegriff unserer Zeit geworden. Eine ehrwürdige Kategorie der Hegelschen Philosophie, wieder zum Leben erweckt durch die politische Theorie, scheint dieser Begriff heute von zentraler Bedeutung für die Analyse von Kämpfen um Identität und Differenz zu sein“, betonen Nancy Fraser und Axel Honneth am Anfang ihres 2003 erschienen Buches Umverteilung oder Anerkennung.
Zu Beginn der Lehrveranstaltung gehen wir bis auf die Ursprünge der Anerkennungsproblematik bei Fichtes Grundlage des Naturrechts zurück,wo wir die Annahme finden, dass jedem Rechtsverhältnis bereits ein Anerkennungsverhältnis zugrunde liegen muss. Aufbauend auf Fichte und in Auseinandersetzung mit der bisherigen Naturrechtstradition entwickelt Hegel von seinen frühen Schriften in der Jenaer Realphilosophie über die Phänomenologie des Geistes bis hin zu den Grundlinien der Philosophie des Rechts eine Gesellschaftstheorie, die das Anerkennungsproblem als innere Struktur menschlicher Vergesellschaftung, sowohl den sittlichen Verhältnissen als auch den Institutionen, zugrunde legt. Diese stufenweise Entwicklung des Hegelschen Anerkennungskonzepts soll im Proseminar Schritt für Schritt anhand ausgewählter Sekundärliteratur von Ludwig Siep, Manfred Riedel und Joachim Ritter nachvollzogen werden, wobei sowohl auf das historische Umfeld Hegels als auch auf die enorme Wirkungsmächtigkeit seiner Schriften eingegangen wird.In einem weiteren Schritt wenden wir uns derKritik der Hegelschen Rechtsphilosophie und den Ökonomischen-Philosophischen Manuskripten (1844)von Karl Marx zu. Um die Entwicklung von Hegel zu Marx besser nachvollziehen zu können, werden wir auf Karl Löwith Von Hegel zu Nietzsche zurückgreifen und auch Alexandre Kojève und Georg Lukács, deren Hegellektüre von der Absicht getragen ist, Marx durch Hegel besser zu verstehen. in die Betrachtung mit einbeziehen.
Zum Abschluss der Lehrveranstaltung wird auf Jean-Paul Sartres Anerkennungstheorie, die zu Beginn des zweiten Teil des Lehrveranstaltung ausführlich behandelt werden soll, Bezug genommen und zwar in Form eines Exkurses, den Ludwig Sieps in Anerkennung als Prinzip der praktischen Philosophie vornimmt, mit dem Hinweis, dass bei Sartre im Gegensatz zu Hegel, die Bedeutung eines Dritten für die Bildung eines „Wir“-Bewußtseins in den Mittelpunkt rückt.